Das sollten Sie im Rahmen Ihrer Führung gleichstellungsrechtlich beachten

Sie sind als Führungskräfte im Alltag häufig gefordert, die gleichstellungsrechtlichen Vorgaben zu beachten und haben dafür zu sorgen, dass das Gleichstellungsrecht in Ihrem Unternehmen auch tatsächlich umgesetzt wird. Hierbei werden Sie immer wieder mit der Gleichstellungsbeauftragten zu tun haben, die nach den Frauengleichstellungsgesetzen in Bund und Ländern an allen personellen, sozialen und organisatorischen Angelegenheiten ein Beteiligungsrecht hat. Wie dies zu geschehen hat und was Sie in Ihrem Führungsalltag zu berücksichtigen haben, soll Ihnen der folgende Artikel verdeutlichen.

Gender Mainstreaming als Leitprinzip der Gleichstellung
Die Frauengleichstellungsgesetze in Bund und Ländern sind grundsätzlich vor dem Hintergrund des europarechtlichen Konzepts des Gender Mainstreamings zu betrachten. Das Prinzip des Gender Mainstreamings wurde bereits in den 1980er Jahren auf der Weltfrauenkonferenz in Nairobi entwickelt und bedeutet schlicht und ergreifend, dass bei jeglichem Handeln in der Verwaltung oder in den Unternehmen Gleichstellung als Leitprinzip von Anfang an mitgedacht werden soll und muss. Für Sie als Führungskräfte bedeutet dies, dass Sie bei jeglichem Handeln berücksichtigen, wie die Auswirkung auf die beiden Geschlechter ist und falls ein Geschlecht durch eine etwaige Maßnahme benachteiligt wird, dies zu kompensieren ist. Dies sollte vor dem Hintergrund geschehen, dass die Ziele der Gleichstellungsgesetze umgesetzt werden müssen und Sie hier als Führungskraft in einer besonderen Verantwortung stehen. Gleichstellungsrechtliches Handeln bedeutet aber für Sie auch, dass Sie, wenn Sie die Interessen von weiblichen Beschäftigten und Beschäftigten mit Familienpflichten hinreichend berücksichtigen, im Rahmen der Rekrutierung von Beschäftigten Vorteile haben werden. Dieses sollte gerade in Zeiten von Fachkräftemangel bedacht werden.

Gleichstellungsbeauftragte als Hüterinnen der Frauengleichstellungsgesetze
Die Frauenvertreterinnen, Gleichstellungsbeauftragten, Beauftragte für Chancengleichheit bzw. Frauenbeauftragten ( im Folgenden Gleichstellungsbeauftragte genannt) sind von den jeweiligen Gesetzgebern als „Hüterinnen der Gleichstellungsgesetze“ eingesetzt worden. Sie sollen Sie als Führungskräfte dabei unterstützen, die Regelungen des Gleichstellungsgesetzes tatsächlich einzuhalten und umzusetzen und Ihnen so den Führungsalltag erleichtern. Die Beteiligungsrechte der Beauftragten stellen insoweit für Sie gleichermaßen die Chance dar, die fachliche Expertise der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten in Anspruch zu nehmen. Nutzen Sie diese Chance!

Die Allzuständigkeit der Gleichstellungsbeauftragten
Die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten sind regelmäßig an allen personellen, organisatorischen und sozialen Angelegenheiten zu beteiligen und somit allzuständig. In Fachangelegenheiten allerdings haben sie nur ausnahmsweise – beispielsweise in Schleswig-Holstein – ein Beteiligungsrecht. Die folgenden Übersichten verdeutlichen Ihnen, was unter den jeweiligen Angelegenheiten zu verstehen ist.

Übersicht
Personelle Angelegenheiten
• Personalauswahlverfahren, von der Ausschreibung bis zur Auswahlentscheidung
• Kündigungsverfahren
• Beurteilungen und Beurteilungskonferenzen
• Abmahnungen, Disziplinarverfahren
• BEM-Verfahren
• Höher- und Eingruppierungen, Beförderungen
• Und anderes mehr

Übersicht
Soziale Angelegenheiten
• Arbeitszeitmodelle
• Arbeitszeitkonten
• Beginn und Ende der Arbeitszeit
• Teilzeitarbeit
• Beurlaubungsanträge
• Vorzeitige Rückkehr aus der Beurlaubung oder der Teilzeitbeschäftigung
• Teilzeitarbeit in der Elternzeit
• Und anderes mehr

Übersicht
Organisatorische Maßnahmen
• Umstrukturierung, Fusion
• Umbauten
• Neubauten
• Umzüge
• Raumgestaltung
• Und vieles mehr

Beteiligung bereits im Planungsstadium
In der betrieblichen Praxis stellt sich immer wieder die Frage, wann die Gleichstellungsbeauftragte tatsächlich in das jeweilige Verfahren einbezogen werden muss. Anders als der Personalrat muss dies zu einem sehr frühzeitigen Zeitpunkt geschehen, nämlich bereits dann, wen Sie eine Maßnahme oder Angelegenheit planen.
Die Gleichstellungsbeauftragte soll Gelegenheit erhalten auf die Planung und etwaige Entscheidungen im Rahmen des Planungsprozesses Einfluss zu nehmen, dies auch vor dem Hintergrund des o.g. Prinzips des Gender Mainstreamings.

So sieht die Beteiligung aus!
Sie werden daher die Gleichstellungsbeauftragte immer dann, wenn bei Ihnen ein Planungsprozess beginnt, zunächst einmal frühzeitig informieren. Diese Information sollte stets unter Hinzufügung der Unterlagen erfolgen, die diese zur Überprüfung der Angelegenheit benötigt. Des Weiteren haben Sie dann im Rahmen des Beteiligungsverfahrens der Gleichstellungsbeauftragten die Möglichkeit zu eröffnen, die Angelegenheit zu besprechen.
Die Gleichstellungsbeauftragte kann in der Angelegenheit schriftlich Stellung nehmen und etwaige Vorschläge hinsichtlich der geplanten Maßnahme unterbreiten. Nach einigen Frauengleichstellungsgesetzen ist dann ggf. zu dieser Stellungnahme von Ihrer Seite eine Entscheidung nötig, nämlich ob Sie dem folgen oder nicht. Die Gleichstellungsbeauftragten haben regelmäßig das Recht, eine Begründung zu erhalten, wem Sie dem Vorschlag der Gleichstellungsbeauftragten oder etwaigen Bemängelungen der Gleichstellungsbeauftragten im Rahmen Ihrer Entscheidung nicht folgen.
Hatte die Gleichstellungsbeauftragte Gelegenheit Stellung zu nehmen bzw. ein Votum abzugeben, so kann sie, falls Sie diesem Votum oder auch dieser Stellungnahme nicht gefolgt sind, innerhalb bestimmter Fristen die jeweils in den Landesgleichstellungsgesetzen und im Bundesrecht geregelt sind, einen Einspruch, einen Widerspruch oder eine Beanstandung einlegen. Wie genau ihr Vetorecht heißt, ist dem jeweiligen Bundes- oder Landesrecht zu entnehmen.
Über diesen Einspruch, den Widerspruch oder diese Beanstandung entscheidet auch wieder unterschiedlich, je nach Gesetz, die Dienststellenleitung oder die nächst höherer Dienststelle. Wenn dieses Verfahren abgeschlossen ist, kann die Angelegenheit der Personalvertretung oder auch der Schwerbehindertenvertretung zur weiteren Beteiligung vorgelegt werden. Grundsätzlich müssen Sie wissen, dass das Beteiligungsverfahren der Gleichstellungsbeauftragte dem Mitbestimmungsverfahren nach dem Personalvertretungsgesetz vorgeschaltet ist.

Recht auf Teilnahme an Besprechungen und Konferenzen
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat die Gleichstellungsbeauftragte daneben weiter ein dem formalen Beteiligungsverfahren vorgelagertes Recht zur Teilnahme an Konferenzen , Besprechungen und Sitzungen. Sie soll hier ihr Recht auf aktive Teilnahme an alles Entscheidungsprozessen wahrnehmen können. Soweit ist sie zu solchen Besprechnungen und Konferenzen einzuladen, jedenfalls dann, wenn hier Entscheidungen wesentlich gesteuert und vorbereitet werden. Explizit sehen zwar nicht alle Landesgesetze ein solches Teilnahmerecht vor, es wird sich aber aus dem Grundsatz ableiten lassen müssen, dass die Gleichstellungsbeauftragte von Anfang an und bereits vor der Entscheidungsfindung einzubeziehen ist und Einfluss nehmen können soll. Wenn in Konferenzen und Besprechungen tatsächlich Entscheidungen gesteuert werden, so muss sie denknotwendig hieran auch teilnehmen können.
Wie Vorstehendes zeigt, sind die Beteiligungsrechte der Gleichstellungsbeauftragten umfangreich ausgestaltet. Sie als Führungskräfte haben die Chance hier in jedem Moment und jeder Angelegenheit auf die fachliche Expertise Ihrer Gleichstellungsbeauftragten zurückzugreifen und gleichstellungsrechtlich korrekt zu agieren.

Bremen, den 09. September 2019
Inge Horstkötter
(Rechtsanwältin)
www.rain-horstkoetter.de